Die fliegenden Seiten von Peter Tögel


Die Landung bei Seitenwind

Vorwort

Tatsächlich gibt es Flugplätze, bei denen ein großer Teil der Piloten überhaupt kein Problem mit Seitenwind hat. Sofern - was man durch einen Anruf beim Turm sicherstellen kann - der Wind nicht ziemlich genau auf der Piste ist, wird schlichtweg nicht geflogen.
Eine andere Lösung dieser Problematik habe ich durch zufälliges Mithören einer wahren Lehrstunde eines Fluglehrers mitbekommen: "Wenn der Wind sagen wir mal stark von links kommt, dann fliegst du einfach nicht die Mitte der Piste an, sondern den linken Rand. Der Wind bläst dich dann schon in die Mitte der Piste und so einfach ist das."
Wem diese beiden Methoden möglicherweise nicht so richtig dienlich erscheinen, der kann hier weiterlesen.

Die Situation bei Seitenwind

Bei einem Anflug mit Seitenwind und der relativen Bodennähe kann man gut den Vorhaltewinkel des Flugzeuges erkennen: Die Flugzeugnase weist je nach Seitenwindstärke mehr oder weniger stark in eine andere Richtung als das Flugzeug tatsächlich über Grund fliegt und letztlich die Piste ausgerichtet ist. Beim Aufsetzen stellt sich aber nun das Problem, dass das Fahrwerk exakt in die Richtung der Flugzeuglängsachse will. Da die Flugzeuglängsachse aber um den Vorhaltewinkel in den Wind gedreht ist, würde das entweder ruckartiges Verändern der Richtung nach dem Bodenkontakt oder langes Radieren der Räder über die Piste zur Folge haben.

low wing technique

Die Flugzeuglängsachse, visuell wahrgenommen durch die Flugzeugenase, muss also pistenparallel ausgerichtet werden, damit das Fahrwerk in Richtung Pistenende zeigt. Dies erfolgt durch das Seitenruder in Richtung "aus dem Wind". Da nun aber der Vorhaltewinkel aufgegeben wurde, wird das Flugzeug nun dazu neigen, sich mit dem Seitenwind von der Piste blasen zu lassen. Dies wird verhindert, indem Querruder in Richtung "in den Wind" gegeben wird. Seitenruder und Querruder sind also über Kreuz und die Fläche, die zum Wind zeigt, hängt tief, was zum Ausdruck "low wing technique" führt(e). Da sich "Ruder über Kreuz Technik" irgendwie plump anhört, möchte ich lieber beim Begriff low wing technique bleiben.

Dabei ist die maximale Seitenwindkomponente einerseits durch die Größe des Seitenruders und andererseits vom Abstand der dann hängenden Fläche zum Boden begrenzt - wie man im folgenden Bild sieht, wo sich bereits der Randbogen abradiert.

Zeitpunkt des Einsatzes des low wing technique

Gerne wird über den Zeitpunkt des Einsatzes der low-wing-technique diskutiert. Es gibt hier Anhänger der These, dies konsequent den ganzen Endanflug so durchzuführen - das wird dann sideslip approach genannt - und ebenso Anhänger der These, dies erst dann zu praktizieren, wenn sich tatsächlich die Piste unter dem Flugzeug befindet - das wird dann crab approach genannt.

Tatsächlich bin ich der Auffassung, dass man die low-wing-technique erst ausführen sollte, wenn man die Piste unter oder unmittelbar vor sich hat, wobei ich zugeben muss, dass es ein bischen "Geschmackssache" ist. Vielleicht ist es dienlich, wenn jeder den für seine Verhältnisse angemessenen Kompromiss findet.

Früher Einsatz / sideslip approach

Die Ruderstellung bei der low-wing-technique ist nichts anderes als ein Seitengleitflug (slip) und der wird ja zum raschen Abbauen der Höhe eingesetzt. Wird also bereits im Endanflug mit Seitenruder und Querruder über Kreuz angeflogen, steigert sich die Sinkrate erheblich, was dann mit einer höheren Leistungseinstellung kompensiert werden muss. Auf der anderen Seite verringert sich der Seitenwindeinfluss umso mehr, je näher man an den Boden kommt. Bei frühem Einsatz der low-wing-technique stellt man sich also anfangs auf Seitenwindbedingungen ein, die beim Aufsetzen oftmals so gar nicht mehr herrschen. Damit fällt das Hauptargument für diese frühe und lange low-wing-technique aus meiner Sicht weg. Vielmehr muss man sich über einen langen Zeitraum anstatt "nur" auf den Gleitpfad zusätzlich auf die (nachlassende) Stärke von Seiten- und Querrudereinsatz konzentrieren und daran auch noch die Leistungseinstellung ausrichten.

Später Einsatz / crab approach

Wird hingegen nur mit regulärem Vorhaltewinkel angeflogen so erkennt man an dem Winkel Flugzeuglängsachse (visuell über die Flugzeugnase) zur Piste recht gut, wie hoch der effektive Seitenwind ist und kommt auch schnell zu einer Abschätzung, ob man die Landung an der vor einem liegenden Piste überhaupt angehen will. Die Sinkrate ist die gleiche (gewohnte) wie bei den sonstigen Anflügen und der Anflug ist somit eher entspannend. Erst wenn die Piste direkt vor oder bereits unter dem Flugzeug liegt, tritt man via Seitenruder die Flugzeugnase auf Bahnende und hält mit Querruder in die andere Richtung das Flugzeug in der Mitte der Piste. Erst nun erhöht sich die Sinkrate, weil man ja nun einen Seitengleitflug durchführt und das Flugzeug wird rasch sitzen. Bei entsprechendem Wind erst auf dem windzugewandten Fahrwerk und dann auf dem anderen.

Besonderheiten bei gelenkten und geschleppten Bugfahrwerken

Das oft gelobte weil für das Rollen dienliche gelenkte Bugfahrwerk offenbart bei Seitenwind leider gewisse Tücken. Solange das Bugfahrwerk entlastet ist, ist es (bei den meisten Flugzeugen) nicht mit der Pedalerie des Seitenruders verbunden. Bei der Seitenwindlandung wird aber das windabgewandte Pedal des Seitenruders betätigt, um die Flugzeugnase pistenparallel auszurichten. Wenn nun das Bugfahrwerk belastet, rastet es in den Pedaleriemechanismus ein und prompt will das Flugzeug nun vom Wind weg. Das führt dann oftmals zu den Schlingeraktionen bei Seitenwind. Die Sache lässt sich nur vermeiden, wenn man in dem Moment, wo das Bugrad belastet wird, schnell das windabgewandte Pedal entlastet.

Das oft verschmähte geschleppte Bugfahrwerk kann bei Seitenwind dann seinen großen Vorteil ausspielen: Man muss sich auf nichts konzentrieren, sondern hält fast bis zu Stillstand des Flugzeuges einfach mittels Seitenruder die Flugzeugenase in Richtung Pistenende. Schlingeraktionen durch nicht-schnell-genug Reagieren beim Eintauchen des Bugrades gibt es einfach nicht.

Typische Fehler

Der wohl meistverbreiteste Fehler bei der Seitenwindlandung ist, den Seitenwind schlichtweg zu ignorieren. Das klappt freilich nur bei sehr mäßigem Seitenwind und wird durch ein vermeintlich hartes Aufsetzen - weil die Räder in eine andere Richtung wollen wie das Flugzeug wollen - oder durch langes Radieren geahndet.

Dicht gefolgt davon wird allzu gerne der Fehler begangen, den Vorhaltewinkel über der Piste beim Ausschweben durch Querruder auszugleichen. Das liegt wohl daran, dass schließlich auch sonst die Richtung durch das Querruder bestimmt wird. Auch das klappt freilich nur bei sehr mäßigem Seitenwind, weil dadurch dem Wind der Bauch des Flugzeuges gezeigt wird und damit das Wegblasen von der Piste ganz ungemein begünstigt. Diese "Technik" kann bei ordentlich Wind durchaus zu Bruch führen, zumal auch noch das Flugzeug auf dem falschen, nämlich dem Wind abgewandten Hauptfahrwerk landet und dieses nicht nur das Flugzeuggewicht tragen muss, wofür es konstruiert ist, sondern auch noch die über die gesamte Fläche sich ergebene Windlast.

Ein Lehrstück wie man es nicht machen sollte, ist die mißglückte Landung eines Airbus in Hamburg, die man sich bei YouTube gut ansehen kann. Man erkennt gut, wie genau die falsche Fläche beim Ausscheben gehoben wurde und damit dem Wind der Bauch des Flugzeuges zum ordentlich Wegblasen quasi hingehalten wurde.

Übersicht

Diese Seite wurde zuletzt am 03.04.2009 aktualisiert.